Die Borgia – Faszination einer Renaissance-Familie [Rezension]
Titel: Die Borgia – Faszination einer Renaissance-Familie Autor: Joachim Brambach Verlag: Diederichs Seiten: 328 Erscheinungsjahr: 1995(1988) ISBN: 3-424-01257-2 Genre: Sachbuch, Biographie, Historik Art: fester Einband
"Als die 'gelungenste Inkarnation des Teufels auf Erden' hat Stendhal den Borgia-Papst Alexander VI bezeichnet. "
"Wer aber etwas gegen die Liebe gebietet, der sei von Gott exkommuniziert. Und wenn es auch ein Engel sagte, wenn alle Heiligen und die Jungfrau Maria es sagten, der sei exkommuniziert. Wenn ein Gesetz, ein Kanon oder ein Konzil es sagte, so sei er exkommuniziert, und wenn irgendein Papst dem, was ich hier sage, je widersprochen hat, so sei er exkommuniziert. Ich behaupte nicht, dass ein solcher Papst existiert hat, aber wenn er existierte, so war er kein Werkzeug des Herrn."
Eine sehr intensive Leseerfahrung, die aber wahrscheinlich voraussetzt, dass man sich für das Thema interessiert, sonst könnte es einer Lawine gleichkommen, die einen überrollt. Ich empfehle auf jeden Fall, es nicht in einem Rutsch zu lesen, sondern sich jeden Tag nur wenige Kapitel vorzunehmen. Und begleitend einen Film zur Anschauung zu sehen, es gibt ja so viele davon, kann auch nicht falsch sein. Aber Achtung: Es ist wichtig, ein kritisches Auge auf Details und die Handlung zu haben, denn was dieses Buch vor allem zeigt, ist, dass nicht alles, was uns in Berichten und Literatur über diese sagenumwobene Familie verkauft wird, Hand und Fuß hat. Das Stichwort Sagen trifft es ganz gut: Denn manchmal fragt man sich beim Lesen doch, ob wirklich alles wahr ist, obwohl der Autor einige Mythen über die Familie relativiert. Wer sich den Borgia nähert, der rechnet mit einer blutrünstigen Familie, Inzucht und Habsucht, Intrigen. Und ja, alles das bekommt man auch in diesem Buch, das mit Vorurteilen aufräumen will, serviert. Allerdings ins (hoffentlich!) rechte Licht gerückt, mit dem Zusatz, dass es im Nahmen der Zeit und der anderen mächtigen Familien, die auch Erwähnung finden (Medici, Orsini, ... ), nicht aus dem Rahmen fällt. Glaubwürdigkeit erlangt Brambachs Position durch seine transparente Argumentation und Abwägung von gegenseitigen Auffassungen bisheriger Geschichtsschreiber. Er teilt seine persönliche Meinung mit, bzw, man kann sie sich anhand des Untertons ausmalen, was aber überhaupt nicht stört. Die leicht ironische Färbung zeigt nur, was ein Mensch der Gegenwart mit ein bisschen Verstand aus den Quellen, die übrigens in Hülle und Fülle aufgetischt werden, schlussfolgern würde. Ich war übrigens sehr überrascht, wie viele Quellen es überhaupt gibt. Irgendwie hat für mich alles einen Sinn ergeben, die vielen Insel-Kenntnisse, die ich über das politische Weltgeschehen dieser Zeit hatte, wurden auf einmal in einen Zusammenhang gestellt. Es kann schon sehr anstrengend sein, mitunter die Übersicht über Namen, Orte und Motive zu behalten, aber ich wüsste auch nicht, wie man ein solches komplexes Knäuel simpel und gleichzeitig wirklichkeitsgetreu abbilden soll. Vielleicht hätte man die Struktur noch ein bisschen lockern können, durch Abbildungen und Unterkapitel, aber an und für sich ein gelungenes Familienporträt!
Zwar wird man mit Details überschüttet, aber wenn man es über eine lange Strecke liest, zahlen sich die gute Recherche und der unterhaltende Ton aus!
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