Die Borgia – Faszination einer Renaissance-Familie [Rezension]

 


"Rom ist eine freie Stadt, in der jeder tun und lassen kann, was er will." 



Titel: Die Borgia  Faszination einer Renaissance-Familie
Autor: Joachim Brambach
Verlag: Diederichs
Seiten: 328
Erscheinungsjahr: 1995(1988)
ISBN: 3-424-01257-2
Genre: Sachbuch, Biographie, Historik
Art: fester Einband

"Jener überragende staatsmännische Kopf, der Cesare hätte sein müssen, um sich zwischen der Macht des französischen und des spanischen Herrschers und den Fallstricken der Kurie erfolgreich hindurchzumanövrieren, war Cesare mit Sicherheit nicht.

"Als die 'gelungenste Inkarnation des Teufels auf Erden' hat Stendhal den Borgia-Papst Alexander VI bezeichnet. 






Der Name des Borgia-Papstes Alexander VI. und seiner Kinder Cesare und Lucrezia steht gleichermaßen für hemmungslose Macht- und Geldgier, Mordlust, Korruption und sexuelle Ausschweifungen bis hin zu inzestuösen Beziehungen des Papstes und Cesare mit Lucrezia. 
Dieser Ruf freilich verdeckt die Tatsache, daß das spanische Aristokratengeschlecht fast ein halbes Jahrhundert die Geschichte Europas entscheidend mitgestaltet und zeitweise sogar bestimmt hat. Durch Heirat oder tödliche Feindschaft waren die Borgia mit fast allen Mächtigen in der Renaissance verbunden, was noch heute einen großen Teil ihrer Faszination ausmacht.


"Wer aber etwas gegen die Liebe gebietet, der sei von Gott exkommuniziert. Und wenn es auch ein Engel sagte, wenn alle Heiligen und die Jungfrau Maria es sagten, der sei exkommuniziert. Wenn ein Gesetz, ein Kanon oder ein Konzil es sagte, so sei er exkommuniziert, und wenn irgendein Papst dem, was ich hier sage, je widersprochen hat, so sei er exkommuniziert. Ich behaupte nicht, dass ein solcher Papst existiert hat, aber wenn er existierte, so war er kein Werkzeug des Herrn.

 




Eine sehr intensive Leseerfahrung, die aber wahrscheinlich voraussetzt, dass man sich für das Thema interessiert, sonst könnte es einer Lawine gleichkommen, die einen überrollt. Ich empfehle auf jeden Fall, es nicht in einem Rutsch zu lesen, sondern sich jeden Tag nur wenige Kapitel vorzunehmen. Und begleitend einen Film zur Anschauung zu sehen, es gibt ja so viele davon, kann auch nicht falsch sein. Aber Achtung: Es ist wichtig, ein kritisches Auge auf Details und die Handlung zu haben, denn was dieses Buch vor allem zeigt, ist, dass nicht alles, was uns in Berichten und Literatur über diese sagenumwobene Familie verkauft wird, Hand und Fuß hat. 
Das Stichwort Sagen trifft es ganz gut: Denn manchmal fragt man sich beim Lesen doch, ob wirklich alles wahr ist, obwohl der Autor einige Mythen über die Familie relativiert. Wer sich den Borgia nähert, der rechnet mit einer blutrünstigen Familie, Inzucht und Habsucht, Intrigen. Und ja, alles das bekommt man auch in diesem Buch, das mit Vorurteilen aufräumen will, serviert. Allerdings ins (hoffentlich!) rechte Licht gerückt, mit dem Zusatz, dass es im Nahmen der Zeit und der anderen mächtigen Familien, die auch Erwähnung finden (Medici, Orsini, ... ), nicht aus dem Rahmen fällt.
Glaubwürdigkeit erlangt Brambachs Position durch seine transparente Argumentation und Abwägung von gegenseitigen Auffassungen bisheriger Geschichtsschreiber. Er teilt seine persönliche Meinung mit, bzw, man kann sie sich anhand des Untertons ausmalen, was aber überhaupt nicht stört. Die leicht ironische Färbung zeigt nur, was ein Mensch der Gegenwart mit ein bisschen Verstand aus den Quellen, die übrigens in Hülle und Fülle aufgetischt werden, schlussfolgern würde. Ich war übrigens sehr überrascht, wie viele Quellen es überhaupt gibt. Irgendwie hat für mich alles einen Sinn ergeben, die vielen Insel-Kenntnisse, die ich über das politische Weltgeschehen dieser Zeit hatte, wurden auf einmal in einen Zusammenhang gestellt.

Es kann schon sehr anstrengend sein, mitunter die Übersicht über Namen, Orte und Motive zu behalten, aber ich wüsste auch nicht, wie man ein solches komplexes Knäuel simpel und gleichzeitig wirklichkeitsgetreu abbilden soll. Vielleicht hätte man die Struktur noch ein bisschen lockern können, durch Abbildungen und Unterkapitel, aber an und für sich ein gelungenes Familienporträt!


Was tut die feile Dirne, sie sitzt auf dem Stuhle, sagt Salomo und lockt alle heran. Wer Geld hat, geht hinein und kann tun, was ihm gefällt. Wer aber das Gute will, wird fortgejagt. So hast du, feile Kirche, deine Schande vor der ganzen Welt enthüllt, und dein Pesthauch ist zum Himmel aufgestiegen.



Zwar wird man mit Details überschüttet, aber wenn man es über eine lange Strecke liest, zahlen sich die gute Recherche und der unterhaltende Ton aus!


"Mir wird es lieber sein, jemand zu haben, der eher meine  Tränen mit den seinigen begleitet, als mir Trostworte spendet."





"Das Leben ist eine zu herrliche Sache, als dass es der Mensch selbst vernichten dürfte. 






"Über sie ging das Wort um, Cesare sage nicht, was er meine, und Alexander meine nicht, was er sage."   

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"Man will mich zum Dorfpfarrer machen.

 

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"'Er geht zwar am Tage woanders seinen Freuden nach, da er jung ist, doch daran tut er sehr gut', entschuldigte Alexander seinen Schwiegersohn.  
 

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"Es mag auf den ersten Blick seltsam erscheinen, dass der Ehrbegriff in einem Zeitalter der politischen und sittlichen Skrupellosigkeit eine solche Bedeutung gehabt haben sollte  und vor allem für einen Mann wie Cesare. 

 

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"Der Untergang Cesares hatte in der Romagna ein Machtvakuum herbeigeführt.

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"Alexander hätte hierzu wohl mit der ihm in diesen Dingen eigenen hochmütigen Gleichgültigkeit geäußert: 'Dies mag jeder halten, wie er will.'"

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