Meine wunderbare Frau [Rezension]
"Am Anfang war es nichts Schlechtes. Davon bin ich immer noch überzeugt"
Titel: Meine wunderbare Frau
Autor: Samantha Downing
Verlag: Goldmann
Seiten: 464
Erscheinungsjahr: September 2019
ISBN: 978-3-442-20574-5
Übersetzung: Aus dem Amerikanischen von Rainer Schmidt
Genre: thriller
Art: broschierter Einband
*Dieses Buch ist mir als Rezensionsexemplar zugeschickt worden. Diese Tatsache hat keinen Einfluss auf meine Wertung.
" Ich habe so viele Fragen, aber ich will die Antworten gar nicht wissen."
(S. 79)
Er hat eine Ehefrau und zwei pubertierende Kinder. Eigentlich ist sein Leben ganz langweilig und normal. Er ist Tennislehrer, seine Frau Immobilienmaklerin. Zusammen haben sie den 14-jährigen Riley und die 13-jährige Jenna großgezogen, in einer südamerikanischen Kleinstadt. Doch die Eltern scheinen einem abstrusen, schrecklichen Hobby nachzugehen...
" Sie waren jung, strahlend und glücklich. So sehen Opfer auf Bildern immer aus. Niemand will das Bild einer ernsten jungen Frau sehen, selbst wenn sie tot ist."
(S. 93)
Meistens sind die Geschichten am erschreckendsten, die uns naheliegen. Ein "normales" Familienleben liegt uns nah, da wir selbst uns bestenfalls aus solch einem entsprungen sehen. Und seihen wir mal ehrlich: Solange wir in der Pubertät sind, interessieren wir uns nicht sonderlich dafür, was unsere Eltern treiben. Also kann es schon mal vorkommen, dass ihre skurrilen Nebenbeschäftigungen unbemerkt bleiben...
Dies ist ein Thriller, der sich von der Masse abhebt!
Erzählt wird die Geschichte durch den Ehemann der "wunderbaren Frau". Wir erfahren all seine Gedanken, wissen stets nur so viel wie er selbst preisgibt. Und doch bin ich schnell misstrauisch geworden. Mir fällt gerade erst auf, dass sein Name meines Wissens nach gar nicht erwähnt wurde... Jedenfalls wirkt er recht langweilig, unabhängig davon, was er sagt. Das ist aber genau das, was die Geschichte so spannend macht: Während unser Protagonist sich seiner Frau und seinen Kindern unterwirft, wirkt die perfektionistische, durchgeplante Hausherrin mit der imposanten Gestalt nur noch dominanter und kühler! Das Familienleben besteht aus Regeln und noch mehr Regeln... Morgens weiß die Familie schon, wie der Tag enden wird. Wären da nicht die Geheimnisse, die hinter den verschlossenen Türen der Eltern verborgen liegen...
Es ist ganz schwer, hier nicht zu viel vorwegzunehmen und ich hoffe, dass ich es nicht bereits getan habe. Denn das Prinzip dieses Thrillers besteht darin, dass wir erst Stück für Stück mit mehr Informationen gefüttert werden, was denn jetzt in dieser Familie nicht normal ist. Und sobald wir es dann wissen, geht es erst richtig los...
Der Spannungsverlauf des Romans hat eine gesunde Form: Exponentiell steigend. Und auch die recht kurzen Kapitel wirkten fesselnd auf mich.
Die Perspektive aus Sicht einer Person hat noch einen anderen interessanten Charakter: Er ist betroffen und deswegen für uns ein unzuverlässiger Erzähler. Ist er zurechnungsfähig? Hat er eine Wahrnehmungsstörung? Können wir ihm Glauben schenken? Alles, was wir über die anderen Personen erfahren, wissen wir nur durch ihn...
Der Schreibstil ist außerordentlich ruhig. Und doch zeugt er von großer literarischer Beweglichkeit. Es werden viele Bilder erschaffen und zahlreiche Andeutungen gemacht, die der Leser selbst zuende denken muss. Genau das liebe ich!
Das Ende ist keinesfalls schlecht, aber hier verbirgt sich der eine Stern, den ich abgezogen habe. Auch wenn sich die größte Spannung am Ende zusammenballt, konnte ich einiges vorhersehen und ich hätte mir vielleicht persönlich ein anders Ende gewünscht. Ich glaube aber, dass andere mit diesem Ende zufrieden sein werden, denn es ist Geschmackssache. Und die letzte Seite konnte auch mich wieder glücklich machen! Aber lest selbst!
" Ich will, dass meine Kinder sich sicher fühlen. Ich will aber auch, dass sie wissen, wie gefährlich die Welt ist."
(S. 177)
Dieses Buch lehrt einen hoffentlich, weniger blauäugig an verschlossenen Türen vorbeizulaufen...
" Die ganze Welt dreht sich um Sex und Gewalt."
(S. 39)
" Ich renne die Treppe hinauf und hinunter, kümmere mich um alle und entscheide nichts. Ich bin wieder der Mann in der Mitte."
(S. 214)
Noch mehr Zitate
" Es ist schwer, jemanden loszuwerden, der gar nicht da ist, stimmt's"
(S. 285)
" Aber ich bin kein Spieler. Im Laufe von neununddreißig Jahren bin ich zu einem Planer geworden. Vielleicht sogar zu einem ziemlich guten."
(S. 312)
" Glaubt nicht alles, was ihr hört. Ich liebe euch."
(S. 389)
" Selbst in einem großen Haus kann einem die Decke auf den Kopf fallen."
(S. 416)
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