Das Fräulein von Scuderi [Rezension]

 


"Ein Liebhaber, der die Diebe fürchtet, ist der Liebe nicht würdig" 





Titel: Das Fräulein von Scuderi
Autor: E. T. A. Hoffmann
Illustration: Lisbeth Zwerger
Verlag: Insel Verlag
Seiten: 112
Erscheinungsjahr: 2018 (1819)
ISBN: 978-3-458-20027-7
Genre: Klassiker
Art: fester Einband


"Die Ermordeten, wie sie beinahe jeden Morgen auf der Straße oder in den Häusern lagen, hatten alle dieselbe tödliche Wunde. Einen Dolchstich ins Herz.

"In der Straße St. Honoré war das kleine Haus gelegen, welches Magdaleine von Scuderi, bekannt durch ihre anmutigen Verse, durch die Gunst Ludwig des XIV. und der Maintenon, bewohnte






Paris, um 1680. Eine mysteriöse Mordserie erschüttert die Hauptstadt. Junge adlige Männer, auf dem Weg zu ihren Geliebten, werden von einem Unbekannten erstochen, die mitgeführten wertvollen Schmuckgeschenke geraubt. Der König bittet seine Hofdichterin, die 73jährige Madeleine de Scudéri, um Mithilfe bei der Verbrecherjagd. Sie findet schnell heraus, dass alle geraubten Schmuckstücke aus der Werkstatt des berühmten Goldschmieds Cardillac stammen. Ist er nicht nur der Schöpfer dieser Kunstwerke, sondern auch ein Mörder und Dieb?



"Euch, edles, würdiges Fräulein! hat das Verhängniß diesen Schmuck bestimmt. Ja nun weiß ich es erst, daß ich während der Arbeit an Euch dachte, ja für Euch arbeitete. (Cardillac zur Scuderi.




Hätte ich es nicht gewusst, das muss ich ganz ehrlich sagen, dass dieses Buch gerade noch der schwarzen Romantik zugerechnet wird und E.T.A. Hoffmanns Feder entstammt, so wäre ich wahrscheinlich nicht darauf gekommen. Es wirkt eher wie der Prototyp eines Kriminalromans, was es ja auch ist. Einzig in Bezug auf die Vorgeschichte des Mörders lässt sich etwas Mystisches ausmachen. Unheimlich ist die Stimmung aber dennoch. Wer einen intertextuellen Vergleich haben möchte, dem kann ich sagen, dass es sich mit Süßkinds Parfüm auf eine Ebene stellen lässt. Der Charme hier ist aber die Sicht einer herzlichen und weisen Ermittlerin und es ist auch weniger blutrünstig. Der Genie- und Kunstbegriff nimmt aber ebenfalls eine große Rolle ein. 
Es ist nur ein dünner Roman, eigentlich eine Novelle oder eine Erzählung, aber dafür verfügt er über eine imense Handlungsdichte. Es gibt viele Wendungen und eine dafür doch große, gleichfalls aber nicht zu große, Anzahl an Charakteren. Das Lesen wird in diesem Fall leichter sein, weil sich die französischen Namen für ein ungeübtes Ohr doch relativ ähnlich anhören, Sorry! Aber dafür gibt es auch echt gute Vertonungen. 
Ich für meinen Teil muss sagen, dass es mich nicht sonderlich einnehmen konnte. Es war nicht langweilig, dafür wandelt sich das Blatt zu oft, aber aufgrund der sehr distanzierten Erzählhaltung und dem fehlenden Tiefgang in das Leben der Charaktere (Vorgeschichten werden nur nacherzählt), konnte ich nicht mitfiebern, Mord und Totschlag gingen mir nicht nah. Als heutiger Krimi hätte die Geschichte bei mir keine Chance, allerdings gewinnt sie durch ihre historische EInbettung wiederum an Spannung. Besonders wenn man bedenkt, dass Hoffmann zur Zeit der Schaffung dieses Werks selbst als Richter gearbeitet hat, und wie die Verhältnisse der Rechtsprechung in Preußen zu der Zeit waren (streng und rational), bekommt die Gnade, die in dieser Erzählung durch mächtige Worte groß geschrieben wird, eine ganz neue Bedeutung. Es sind im Grunde Fragen, die nicht zuletzt viele philosophische Debatten der Gegenwart bestimmen: Womit ist ein Straferlass zu rechtfertigen? Wer verdient milderne Umstände? Wer entscheidet?


"Die Geschichte mehrerer Giftmörder gibt das entsetzliche Beispiel, daß Verbrechen der Art zur unwiderstehlichen Leidenschaft werden. Ohne weiteren Zweck, aus reiner Lust daran, wie der Chemiker Experimente macht zu seinem Vergnügen, haben oft Giftmörder Personen gemordet, deren Leben oder Tod ihnen völlig gleich sein konnte.




Man muss das Werk in die Geschichte einreihen, um seinen Wert richtig zu ermessen. Für sich genommen hat es mich etwas enttäuscht.


"Es war ihr, als könne vor diesem schrecklichen Manne keine Treue, keine Tugend bestehen, als spräche er in den tiefsten, geheimsten Gedanken Mord und Blutschuld."

 







"(...)der geringfügigste Verdacht reichte hin zu strenger Einkerkerung, und oft war es dem Zufall überlassen, die Unschuld des auf den Tod Angeklagten darzutun.







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